Von Los Arcos nach León

AUF DEM WEG NACH SANTIAGO DE COMPOSTELA (VIII)

 

Mein Pilgertagebuch

von Heide Bahr

 

Donnerstag, 13.10.16, Baunatal

Seit Tagen ist Unruhe im Haus. Es wird gekramt, gepackt, vorbereitet. Ist alles gewaschen was man braucht? Die Vorräte eingekauft? Die Medizinkiste komplett?  Tausend Fragen und Handgriffe. Endlich sind die Taschen zu.  Ich gehe ein letztes mal arbeiten und Christoph bringt das Gepäck alleine an den Begleitbus. Nach dem ersehnten Feierabend endlich „Pilgerfrei“! Zu Hause wartet außer Christoph nun auch Lothar, er ist mit dem Auto gekommen und es gibt ein herzliches Wiedersehen. Gemeinsam mit Kathi, Julia und Jonas gehen wir ins Hirschhausen essen. Beim spanischen Rotwein klingt der Abend aus, wir müssen schließlich vor kosten was uns die nächsten Tage erwartet! Ein letztes mal im eigenen Bett schlafen, ich vermisse es jetzt schon…

Freitag, 14.10.16, Baunatal – Los Arcos

Nach mittelprächtigem Schlaf geht´s zum ZOB. Dort treffen wir uns mit Siglinde, einer neuen Mitpilgerin. Wir haben uns schon kurz kennen gelernt und sind neugierig aufeinander. Mit dem Hessenticket schummeln wir uns vor 9 Uhr in den Bus zum Willi-Bahnhof um dort noch einmal fürstlich zu Frühstücken. Mmmh! Auf dem Bahnsteig treffen wir Jutta Schulz, sie hat Peter zum Zug gebracht. Wir nehmen den nächsten. Schön, das Peter wieder dabei ist, wir freuen uns auf ihn! Unser Zug hält überall, wirklich überall. In Marburg steigt Andrés zu und somit ist unser Hessenticketteam komplett. Er ist auch schon ganz aufgeregt, kein Wunder, er hat diese Jahr sehr viel organisiert und für die Gruppe gemanagt. Wir haben größtes Vertrauen in seine Arbeit und glauben fest daran dass alles klappen wird!                                                                                                                                               

Am Frankfurter Hauptbahnhof schnell in die S8 bis Flughafen und dort sind schon fast alle anderen Pilger angekommen. Große Freude beim Wiedersehen! Es wird tatsächlich ernst. Es geht los. Und alle Bedenken sind wie weggeblasen! Ich habe mich im Vorfeld natürlich wie jedes Jahr gefragt: werde ich es diesmal auch wieder schaffen? Hundert Dinge fallen einem da ein warum es nicht klappen könnte! Aber das ist nun mit einem mal ausgeblendet.                                                                              

Der Flug ist ruhig, wegen der dicken Wolken nichts zu sehen, dabei hatte ich mich auf die Pyrenäen so gefreut! War nix. In Bilbao ist das Wetter freundlich, die nette Busfahrerin bringt uns nach Los Arcos. Wiedersehen mit Uda, letztes Jahr war sie nicht dabei. Dafür ist sie jetzt schon eine Woche früher angereist um sich die Pyrenäen zu erlaufen und trifft sich nun mit uns. Im gleiche Lokal wie im Vorjahr gibt es Abendessen und nach etwas Anlaufschwierigkeiten beim Bestellsystem bekommt jeder etwas leckeres und alle werden satt! Ich hatte noch den Schlafsaal in guter Erinnerung aber wir bekommen heute die „Suite“ unterm Dach! Doppelbett mit eigenem Bad! Welche normalen Pilger brauchen denn so etwas? Ich mache mir meine Gedanken und will´s eigentlich gar nicht so genau wissen! Wir schlafen jedenfalls gut dort, morgen dürfen wir endlich los laufen! Als Thema begleitet uns das Johannesevangelium. Bin gespannt! Übrigens: Es gibt vier Haken in unserem Zimmer!

Samstag, 15.10.16, Los Arcos – Logrono

Das Frühstück bekommen wir in einem Kellergewölbe einer kleinen Bar ein Stückchen die Straßer runter. Guter Kaffee, geröstetes Brot und schon geschälte gekochte Eier. Ganz gut. Leider haben die Geschäfte noch zu, also kein frisches Brot zum Mitnehmen. Ich habe ein Stück Kuchen gehamstert, das muss reichen. Nach dem Morgengruß geht´s los, durch das alte Stadttor ins Feld. Die Sonne geht langsam auf und außer uns machen sich noch andere Pilger auf den Weg. Man sieht ihnen an: sie  sind schon länger unterwegs. Die Landschaft ist hügelig und Nebelstreifen liegen über abgeernteten Getreidefeldern und Weinbergen. Diese müssten auch Felder genannt werden, da kein wirklicher Berg in Sichtweite ist. Der Weg ist breit und voller kantiger Steine. Man muss schon genau hinsehen sonst passiert noch was. In einer alten achteckigen Kirche bekommen wir unseren ersten Impuls. Natürlich singen wir auch, hört sich gut an. Im Schweigen geht es weiter. Jetzt kann man seinen Gedanken nachhängen. Am Wegesrand tauchen plötzlich hunderte von Steintürmchen auf. An allen sind kleine Zettel eingeklemmt. Wünsche, Gebete, Mitteilungen. Kommt mir vor wie „Friedhof der Kuscheltiere“. Komisch, kann isch mich nicht mit anfreunden. Gehe einfach weiter. Bei einer Schafherde beobachten wir das Zusammenspiel von Mensch und Tier. Die Hütehunde sind toll und treiben die Herde präzise über eine Straße zur nächsten Weide. Viel zu fressen haben die Tiere hier übrigens nicht. Ist alles sehr trocken und karg. Dann kommen wir in ein kleines Städtchen. Der versprochene Kirchenschlüssel wird allerdings nicht gebracht! Dafür geht´s in eine Kirchenruine einige Straßen weiter. Wir feiern unseren ersten Gottesdienst unter freiem Himmel. Ich werde an den Pantheon in Rom erinnert, denn das Dach hat ein kreisrundes Loch und wir sehen den blauen Himmel. Der Altar wird aus einem alten Koffer und einem roten Tuch improvisiert. Der Koffer beherbergt sonst alle Dinge die wir für den Gottesdienst und Abendmahl benötigen. Wir lassen uns darum herum in einigem Taubenmist nieder. Das Singen und das gemeinsame Abendmahl bringen die Vertrautheit der Gruppe endgültig zurück! Es ist schön hier zu sein! Weiter geht´s. Das Wetter ist warm, fast zu warm. Eine Holzbrücke über die Bundesstraße führt uns aus Navarra heraus und nach Rioja hinein! Ich freue mich schon auf die nächste „Weinprobe“! Es Ist imposant durch diese Regionen zu laufen. In Logrono angekommen, werden wir auf zwei Herbergen aufgeteilt. Wir sind in einem großen Schlafsaal mit Etagenbetten untergekommen. Gemischte Duschen, was für ein Durcheinander! Köstlich! Allerdings gibt es auch wieder keinerlei Haken. Nirgends. Hätte ich doch bloß Hammer und Nägel mitgebracht!!! Aber mein Kleiderbügel ist Gold wert, so trocknet wenigstens mein Handtuch einigermaßen. Nebenan gibt´s Abendessen. Alle sind kaputt und gut zufrieden. Der Rioja schmeckt und sorgt für zusätzliche Bettschwere.

Sonntag, 16.10.16, Logrono – Najera

Nach Frühstück und Morgengruß geht´s durch die Stadt und ihr Parks, durch die „Jogging- und Radfahrarea“ bis zu einem kleinen Stausee. Dort erhalten wir unseren heutigen Impuls. Kann der Sache aber nur halb folgen, da ich unbedingt zwei Eichhörnchen beobachten muss. Endlich mal „wilde Tiere“! Später kommt noch ein verrückter Terrier dazu! Schweigend gehen wir dann an grillenden Spaniern vorbei, die genießen ihren Sonntag. Am Osborne Veterano Stier wird das Schweigen dann aufgehoben und jeder kann eine Geschichte zu dieser Werbeikone erzählen. Erinnert mich an frühere Urlaube. Damals. Lange her. Endlich eine offene Kirche. Der Altar ist in üppiges Gold getaucht. Ist mir zu viel. Ein Meilenstein sagt später: noch 593 km bis Santiago. Fast da! Durch Weinfelder geht es weiter. Meine Füße sind platt. Im Ankunftsort liegt in einem Schulbeet eine scheinbar leblose Gestalt. Ein Pilger? Nein, eine umgefallene Vogelscheuche! Aber eine gewisse Ähnlichkeit ist durchaus vorhanden! Alle sind müde und froh, angekommen zu sein. Zum Abendessen gehen wir um die Ecke in eine kleine Bar. Alles gut. Den Tagesabschluss verbringen wir  auf der Straße, auch da schmeckt es. In der Herberge ist schon alles ruhig. Gut, dass wir den Tür-Code kennen! Wir schleichen ins Bettchen.

Montag, 17.10.16, Najera – Santo Domingo

Heute ist der Geburtstag unserer Zwillinge! Wir wieder einmal nicht da! Das Gewissen plagt. Zum Frühstück gibt es unter Anderem Plätzchen die wie Spekulatius schmecken. Weihnachten ist nicht mehr weit… Der Kaffee ist gut, das können die Spanier. Als kleines Geschenk von der Herberge gibt es einen Anstecker. Nett! Den Impuls bekommen wir auf einem Stoppelfeld. Jeder soll sich einen Gegenstand suchen. Alle schwärmen aus und werden fündig. Geduldig tragen wir ihn mit uns durch die karge Landschaft und grübeln auf der Fragestellung rum. Nicht einfach! Dann kommen wir in eine Geistersiedlung. Neue Fachwerkreihenhausferienwohnungen, alle verwaist. Daneben ein Schwimmbad mit Spielplatz. Kein Mensch zu sehen. Auch der Parkplatz vom Golfclub ist leer. Was ist da los? Wer will hier auch schon Urlaub machen? Hier gibt es sonst nichts! In dem alten Ort, der dazu gehört, fallen die Häuser in sich zusammen! Immerhin, der Dorfplatz ist ganz hübsch. Allerdings direkt an der Durchgangsstraße. Dort machen wir Mittagspause. Als es weiter geht will Günter ein Foto machen. Heinz fährt in ein Stückchen voraus. Wir sehen ihn schon auf einem Feld lauern. Es gibt die Regieanweisung: lange Schlange bilden, Kreuz ganz vorne. Dann spurtet er über den unebenen Acker um einen anderen Blickwinkel zu bekommen. Ich sehe Gefahr für seine Gesundheit. Für kaputte Hachsen gibt es in unserem Koffer keine Medizin. Aber alles geht gut aus. Bilder werden bestimmt toll! Der Gottesdienst findet nicht in der Hauptkirche statt, sondern in einer kleineren daneben. Es kommen sogar Fremdpilger dazu! Die Herberge ist groß. Es gibt einen Fahrstuhl der unser Gepäck und müde Pilger in den 4. Stock bringt! Alle schlafen in einem Raum! Die sanitären Anlagen sind reichlich und großzügig gehalten. Alles gut. Vor dem Essen noch einige Äpfel und Paprika eingekauft und in einer Bar noch ein schönes Bier getrunken. Wir stoßen auf die Zwillinge an und telefonieren mit den Beiden! Zu Hause scheint alles in Ordnung zu sein. Zum Essen gehen wir einige Straßen weiter über einen Platz mit roten Laternen in ein nettes Lokal. Leider setzt sich Christoph in einen Kaugummi! So eine Sauerei! In netter Runde klingt der Tag bei einem Geburtstagsschnäpschen aus.

Dienstag, 18.10.16, Santo Domingo – Belorado

Mir ist schlecht! Schweißausbruch beim Zähneputzen. Gerade noch rechtzeitig erwische ich eine freie Toilette! Ute sagt nur: “Mensch Heide! Was ist los?“ Ich habe keine Antwort darauf. Die Füße der Anderen werden halbwegs versorgt und dann schleppe ich mich wieder an den roten Laternen vorbei zum Frühstück. Kaffee und O-Saft gehen, aber nix essen! Ich packe mir das Schinken-Käse-Brötchen ein. Sieht sowieso nicht so lecker aus. Die Hühner vom Hühnerwunder sind schon wach, mir aber leidlich egal. Unterwegs riecht alles ganz schrecklich. Nasse Stoppelfelder, überreife Holunderbeeren, gedüngte Felder, ein Rübenfeld. Mir ist ja sooo schlecht. Am Liebsten würde ich mich hier auf der Stelle hinschmeißen und nicht mehr rühren! Sterben wäre vielleicht eine Alternative… Es geht nicht mehr! Gott sei Dank kommt eine Ortschaft. Dort werde ich von den Engeln Heinz und Arnim abgeholt und zur Mittagspausenstation gefahren. Mir ist saukalt. Heinz hat einen Superklappstuhl, mit Füßehochfunktion! Den haben mir die Engel vor eine Hauswand gestellt, in die Sonne, zum Wärmen. Von Impuls und Gottesdienst haben ich nichts mitbekommen, war mir alles egal. Dann werde ich vorgefahren in die Herberge. Es gibt einen Pool! Ausgerechnet wenn´s mir nicht nach irgendwas ist. Oberblöd! An einem windgeschützten Platz auf der Wiese verschlafe ich den Nachmittag bis die Pilger eintreffen. Cola und zwei Gummibären bleiben bei mir, es geht aufwärts. Früh gehe ich in meinen Schlafsack und verpasse alle abendlichen Aktivitäten. Die auch hier fehlenden Haken lassen mich heute kalt, krank sein hat also auch eine gute Seite.

Mittwoch, 19.10.16, Belorado – Ages

Es scheint mir besser zu gehen! Also leichtes Frühstück (schweres gibt´s eh nicht) und ab geht es. Im Ort kommen wir an einer Felsformation vorbei die aussieht wie eine Sphinx. Die Kirche ist auf, die hell erleuchtete Kirchentür wirkt einladend und wir schauen kurz hinein. Dann der Morgengruß. Im auflaufenden Sonnenschein sehen wir eine „Felsenkirche“ in einer Steilwand. Hätte ich gerne mal besichtigt, ist aber bestimmt auch zu, wie die meisten hier. Die Landschaft wird immer dürrer, die Weinfeld verschwunden. Bis zum Horizont nur große Getreidefelder. Wir kommen über einen Bach. Darin sind satt grüne Wasserpflanzen die sich in der Strömung bewegen. Hier wäre ich gerne mal eine Wassernixe oder –elfe! Passend zur Pause gibt es Brot zu kaufen. Nur frisch ist es nicht! Wir essen es trotzdem. Mit Todesverachtung esse ich mein Frühstücksbrötchen vom Vortag. Um es etwas aufzupeppen lege ich ein Stück Paprika darauf. Scharf, scharf, scharf! Man denkt an nichts Böses und dann sowas! Hoffentlich verträgt das mein angeschlagener Magen. Die Lippen brennen auch wie sonst was! Hechel, hechel. Aua! Nach der Pause geht´s den Berg hoch! Endlich! Immer nur geradeaus laufen ist auf Dauer Langweilig. Nach kurzem Anstieg, (im Vergleich zu den Pyrenäen ein Witz), werden wir mit Wald und Ausblick belohnt! Ein Denkmal erinnert an 300 Soldaten. Sie wurden aus politischen Gründen vom Franco Regime dort oben erschossen. Was der Mensch dem Menschen antut. Furchtbar. Ich bin froh, in einem freien Land zu leben und meine Meinung äußern kann und wir auch die Toleranz haben, andere Meinungen zuzulassen. Das wünsche ich mir für die ganze Welt!!!                                                                                                                                                    

Nachmittags geht es durch eine Heidelandschaft weiter in eine kleine Herberge in einem Fachwerkhaus. Wir Moppels passen gerade so hinter die engen Tisch/Bank-Konstruktionen. Wer zu viel isst, bleibt stecken! Gut das Christoph immer sein Taschenmesser dabei hat, zur Not werden wir uns herausschnitzen müssen! Ne, Glück gehabt, ging auch so! Gottesdienst ist abends in der Kirche. Alle bewaffnen sich mit warmen Decken und folgen der alten Dame mit dem großen Schlüssel. Mit ihren ständigen Einmischungen nervt sie im Gottesdienst. Sie ist aber ehrlich interessiert und bemüht. Über die eingesammelte Kollekte freut sie sich sehr. Als wir zum Quartier zurück gehen, sehen wir am Himmel den Lichterschein der Stadt Burgos. Unser Ziel für morgen. Alle freuen sich auf den Pausentag!

Donnerstag, 20.10.16, Ages – Burgos

Die Nacht war nervig! Weil kein Fenster auf durfte, wäre ich oben in meinem Bett fast erschwitzt. Sogar die Koreanerin in unserem Zimmer hatte Schnappatmung! Außerdem hat es nach Zigarettenrauch gerochen! Wenn ich den erwische… Draußen ist es kalt und als wir eine kleine Anhöhe erreichen, kommt auch noch ein schneidender Wind dazu. Also gibt es dort keinen Impuls und wir suchen Schutz in einer kleinen Ortschaft. Wir sehen vier Rehe! In Worten VIER! Hammer! Sie beäugen uns, laufen aber nicht weg. Endlich Lebenszeichen der Natur. Am Ortseingang empfängt uns eine Kirchenruine, der Turm ist teilweise eingestürzt aber eine einzelne Glocke hängt noch! Tapfer! An einer alten Waschstelle gibt es den Impuls und dann gehen wir schweigend an der Straße weiter. Kaum bewohnte Häuser. Es wird langsam urbaner und wir müssen an einem Flughafen entlang laufen. Mittagspause ist auf einem kleinen Platz an einer Kirche. Wir essen Gurkensticks, auch wieder scharf! Die Spanier sind scheinbar scharfe Typen!?! Die Kirche besitzt fünf Glocken. Lothar wollte vorher wetten, wir lagen aber beide mit unseren Tipps daneben. Frage mich, wie die Storchenfamilie das aushält? Sie hat direkt darüber ihr Nest. Übrigens müssen alle Störche Rentner sein, da sie auf Langzeiturlaub in den Süden gereist sind. Ist keiner mehr da.                                                                

Dann Zieleinlauf nach Burgos! Müsste eigentlich Zieheinlauf heißen, weil es sich so zieht. Gewerbegebiete sind groß und langweilig. An lauten Straßen entlang erreichen wir die Altstadt! Das ist ganz schön hier. Unser Hotel (!) liegt sehr zentral in der Nähe der Kathedrale. Es ist sauber und ordentlich. Wieder mit dem Fahrstuhl in den 4. Stock. Das Abendessen ist lecker, wir werden gut versorgt. Mir schmeckt mittlerweile wieder alles. Abends gibt es noch eine kleine Zimmerparty bei uns, alles im Rahmen. Zufrieden und mit Vorfreude auf den freien Tag fallen wir ins Bett. Bettwäsche, kein Schlafsack! Nachts feiern die Spanier durch. Erst morgens um fünf ist Ruhe. Haben die kein zu Hause?

Freitag, 21.10.16, Burgos

Ausschlafen. Frühstück um 8 Uhr. Wie Urlaub! Als erstes gehen Lothar, Peter, Christoph und ich in die Kathedrale. Ermäßigung mit Pilgerpass 3,50 Euro mit Audio Guide. Diese Kirche ist eher ein Museum. Den Fliegenschnäpper, der die Stundenglocken schlägt, finde ich oberwitzig! Mal was lustiges in der Kirche, das kommt sonst immer etwas kurz. Danach trennt sich unsere kleine Gruppe bis 14 Uhr. Jeder macht sein Ding. Wir gehen zum Beispiel zu einem Aussichtspunkt über der Stadt. Dort hat man einen schönen Überblick. Die Stadt ist groß und hat viele Kirchen und Klöster. Die Sonne scheint und einige unserer Pilgergruppe verirren sich auch hierher. Lauter bekannte Gesichter… Dann zurück zur „Kleingruppe“. Lothar sitzt schon beim Roten in einer netten Bar. Wir fangen Peter ein und schließen uns mit ebensolchem Getränk an. Zum Mittagessen wechseln wir in eine Tapas-Bar. Mittlerweile hat sich noch Kristina angeschlossen und wir probieren viele verschiedene Leckereien! Mmmh! Den Nachmittag verbringen wir auf einem Platz mit Kaffee und später müssen wir auch mal den Weißwein probieren. Auch dieser ist durchaus genießbar. Auf dem Rückweg zum Hotel gehen wir an Hochwassermarken vorbei zum Fluss. Dort ist die Uferzone sehr gepflegt. Unter hohen Bäumen stehen kunstvoll geschnittene Koniferen. Das Abendessen ist lecker und auch heute beendet die kleine Zimmerparty den Tag. Morgen wieder laufen. Wir freuen uns schon!

Samstag, 22.10.16, Burgos – Hontanas

Für die Versorgung der Füße habe ich heute alle betroffenen in den 4. Stock bestellt! Neben dem Fahrstuhl gibt es eine kleine Sitzecke. Uda´s und unser Zimmer ist direkt gegenüber. Kurze Wege für uns. Nach dem Frühstück geht´s raus aus der Stadt. Das geht schneller als rein. Gut so! Wir kommen an einem Bauernhof vorbei. Dort steht ein Klohäuschen! Leider ist es mit einem Sicherheitsschloss verriegelt. Das tolle aber daran ist: Die Tür ist von einem Fahrstuhl! Mit Tasten für vier Etagen!!! Wie geht das denn? Ich glaube, ich will´s gar nicht so genau wissen… Dann beginnt die Meseta. Riesenfelder, sanfte Hügel wie Dünen. Fehlt nur noch die Karawane. Kein Baum, kein Strauch. Deckung beim Pieseln? Fehlanzeige! Aber mittlerweile ist uns das eh schon fast egal. In einem Haufen mit Feldsteinen liegen diverse Wanderschuhe. Ein Stilleben der besonderen Art. Ob hier der ein oder andere Pilger vielleicht schon mal das Schuhwerk ausgetauscht hat? Wer weiß. Fliegenschwärme nerven und kriechen in Nase und Ohren. Plötzlich sind lauter Vermummte unterwegs, ist das in Spanien erlaubt? Ein Pilger-ADAC-Auto fährt an uns vorbei. Keiner verhaftet uns oder die Fliegen, also weiter. Mittags treffen wir auf Heinz an einer offenen Kirche. Frisch renoviert. Einige Kinder und ihre Eltern schauen sich um, heute Nachmittag ist eine Taufe. Aber wir halten den ersten Gottesdienst nach Renovierung hier! Riecht alles noch nach Farbe. Stimmungsvoll!                   

Danach sehen wir wieder eine Schafherde. Alle Tiere haben einen blauen Punkt auf dem Rücken. Das gibt dann die Sockenwolle die ein braun-blaues Muster ergibt… Aber was fressen die nur? Ziemlich platt kommen wir in einer fast neuen Herberge an. Vor einem Jahr eröffnet. Wir genießen einen Kaffee und ein Bier. Ham wa uns vadient! Es fängt an zu regnen. Womit  ham wa DAS vadient? Das Essen ist lecker und die drei Nachtischsorten ratz fatz aufgegessen. In der Gemeinschaftsküche klingt der Abend aus. Alle fallen oder klettern ins ordentliche Bett. Ich glaube, es regnet die ganze Nacht. Irgendwie ein beruhigendes Geräusch, jedenfalls wenn man im Trockenen ist.

Sonntag, 23.10.16, Hontanas – Boadilla Del Camino

Es regnet immer noch! Jetzt finde ich es nicht so toll. Leicht regenvermummt gehen wir los. Das Wasser von oben wird weniger. Die Pappelblätter verfärben sich immer mehr. Sieht schön aus. Um den aufgeweichten Wegen auszuweichen, laufen wir Straße. Nicht viel los hier. Nach einigen Biegungen führt die Straße plötzlich durch eine alte Kirchenruine hindurch! Mittendurch! Nicht zu fassen! Da ist ringherum nichts als Landschaft und Wildnis und die sind nicht in der Lage die Straße außenherum zu führen! Man denkt, das gibt´s doch nicht, aber das gibt´s! Oberblöd. Wir erhalten dort jedenfalls unseren Impuls. Schweigen. Mir wär zu dem Thema Kirche/Straße auch nichts mehr eingefallen. Es nieselt noch leicht. Mit unseren Regensachen sind wir so schön bunt. Jeder sieht anders aus als sonst. Man muss genauer hinsehen. Die vertrauten Anblicke sind verändert. Gut so! Wir laufen auf einen Berg mit Castello zu. Unterhalb liegt eine langgezogene Ortschaft. Ein Mann in einem Auto möchte uns Taus verkaufen. Aber wir alle schweigen ihn an. Ist für Ihn bestimmet eine ungewohnte Situation, die er von den Einzelpilgern nicht kennt. An einem kleinen Laden wird das Schweigen aufgehoben und alle kaufen etwas ein. Als kleines Dankeschön bekommt jeder einen Lutscher geschenkt. Die Meisten packen ihn aus und schauen, was es so für verschiedene Sorten gibt. Zitrone ist in gelbem Papier, Erdbeere in Rotem, Himbeere in Rosa. Und welcher Geschmack verbirgt sich hinter Christophs braunem Papier? Cola!!! Alle Mädels reißen den Kopf zu Christoph rum und schmachten ihn an. Oder Lutscher. Weiß man nicht so genau. Christoph fackelt nicht lange und zack, den Loli in den Mund… Besitz anzeigen. Große Enttäuschung bei den Mädels! Die große Chance den Gönner zu geben hat er gründlich versaut. Aber so hat er auch nicht das Problem eine glücklich zu machen und die Anderen komplett zu vergraulen. Immerhin ist er glücklich! Wenig später erfahren wir: Peter hat seinen Cola-Lutscher verschenkt! An einen Mann. Er hat von dem großen Schatz den er da besaß nichts geahnt! Seufz!                                                                                                                     

Hinter dem Ort wird´s ernst. 12% Steigung! Ist aber leicht geschafft, ist nur ein kurzes Stück. Oben werden wir mit einer Schönen Aussicht belohnt. 18% Gefälle wieder runter. Auf dieser Betondecke ist das nicht so schön. Was soll´s. Wir kommen an einem Pilgerhospital vorbei. Leider zu. Hätte ich mir gern mal angesehen. Auf einer alten Brücke machen wir wieder die Pilger-Gruppen-Schlangen-Fotosession. Wir verlassen hier Rioja und kommen nach Castilla y León. Auf einem Spielplatz neben einer Friedhofskapelle machen wir eine nette Mittagspause im Sonnenschein. Beim Weiterlaufen treffen wir wieder auf ein wildes Tier! Das Wildschwein ist allerdings tot. Die Hundemeute lungert erschöpf von der Jagd in einem Autoanhänger herum. Armes Schwein! Kein Schwein gehabt. Es ist nur halbwüchsig! Und nun tot. Wir leben und gehen weiter, an riesigen Stapeln von Strohballen vorbei. Die  sehen aus wie Burgen. Wie kriegen die Bauern die so hoch übereinander gestapelt? Erschöpft kommen wir in einer Ortschaft an und werden vorbei an einer Pilgersäule durch ein total gammeliges Tor in eine Herberge geführt. Bei dessen Anblick erscheint sofort unser Zelt vor meinem Geistigen Auge! Als wir aber das Grundstück hinter dem Tor betreten, erfreut uns der Anblick eines satt grünen Rasens. Außerdem gibt es einen Pool mit Liegestühlen und Apfelbäume mit einer Terrasse darunter! Der Pool ist zwar zu, aber trotzdem ein netter Anblick. Mal von dem Schweinestallgeruch abgesehen ein einladender Ort! Die Herberge selbst ist in Ordnung. Das Abendessen wird auf irdenem Geschirr serviert. Alles angeschlagen, aber mit Flair. Um 22 Uhr wird abgeschlossen- Leider sind unsere Medizintaschen auch weggesperrt. Ohne Leiter kletter ich ins Bett, hoffentlich geht das gut!

Montag, 24.10.16, Boadilla Del Camino – Carrion

Es geht gut! Die medizinische Versorgung beginnt etwas später. Passt schon. Der Kaffeeservice hat heute eine besondere Note! Einer der Herbergsleute (mit Mütze) hat eine beeindruckende Technik unsere Tassen zu befüllen. In großen Kesseln schenkt er virtuos Kaffee und Milch aus. Er schwingt sie so kunstvoll, ein Traum, ihm dabei zuzusehen! Insgeheim warte ich darauf,  dass jemand so ein Ding an den Kopf bekommt oder etwas von dem heißen Inhalt über die Klamotten. Ich sehe mich schon Verbrühungen behandeln. Aber alles geht gut. Tolle Show! Nach dem Morgengruß an der tollen Gerichtssäule gehen wir im Regen los. Der Weg geht am Canal de Castilla entlang. Sehr schön! Endlich mal Abwechslung am Wegesrand. Die Herbstfärbung des Laubes ist wunderbar und spiegelt sich im Wasser. An einer Schleusenanlage gehen wir über  die Wasserstraße. Leider gibt es nur noch ein Schleusentor, mindestens vier andere fehlen. Auch die Wände sind nicht in Ordnung und Wasser drückt hindurch. An einer Sitzgruppe unter Pappeln singen wir zum warm werden das „Schunkellied“ : Die Himmel erzählen die Ehre Gottes. Es ist A…kalt wenn man so steht oder sitzt. Dann kommt der Impuls, mit Klangschale und viel Stille. Kann mich eigentlich nur darauf konzentrieren meinen Hustenreiz zu unterdrücken. Nachmittags wollen wir eine Kreuzritterkirche besuchen. Leider geschlossen! Mist, hätte mich sehr interessiert. Stattdessen gibt es einen Kaffee davor. Ist auch schön. Wärmt und weckt auf. Danach sind alle wieder fit, besonders die vielen Kuchenbuffetplünderer in der Bar. Wir finden ein Straßenschild: Santiago 463 km. Fast pille palle. In einer ehemaligen Schule kommen wir bei einer Schwesternschaft unter. Zweierzimmer mit eigenem Bad! Luxus! Die Schwestern freuen sich über unser Singen und wir essen Spiegeleier bis zum Abwinken. In einem Nebenraum trinken wir noch ein Gläschen, bewacht von den kritischen Augen einer der Ordensfrauen. Die Nacht ist ein Traum!

Dienstag, 25.10.16, Carrion – Ledigos

Zum Abschied noch ein Liedchen für die Schwestern. Den von ihnen selbstgebackenen Kuchen haben wir gebunkert. Sie wollten es so. Es geht über eine Römerstraße. Die alten Steine sind sorgfältig unter Schotterbelag verborgen. Immer gerade aus. Wir haben Konkurrenz bekommen. Eine weitere große Pilgergruppe ist unterwegs. Die toppen uns! Alle mit Warnwesten, vorbereitete Verpflegungspunkte in kurzen Abständen und, jetzt kommt´s: ein 50-Mann-Bus! Die können ALLE fahren! Dagegen wirkt Heinz Ausrüstung eher ärmlich! Sozusagen das hässliche Entlein unter den Pilgerbegleitern. Au weia! Irgendwo hört es auf! Pauschalreise Pilgern, all In! Ne, wir sind da echter. Wir bleiben dabei, Heinz, du Entlein, wir lieben dich! Zurück zur Römerstraße. Dort wird unser Kreuz fleißig getragen. Renate hat ein „Kurzträgerprogramm“ ins Leben gerufen! Klappt prima! Leider ist das Sträußchen aus Nachbars Garten zum Trockenblumenstrauß geworden. Aber hier gibt es weit und breit nichts Brauchbares als Ersatz. Als wir geschafft ins Quartier kommen, lassen wir uns erschöpft auf einem Baumstamm nieder. Und dann passiert das Wunder!!! Durch die vor der Tür stehende Pilgermenge bahnt sich ein engelsgleiches Wesen den Weg. In den kleinen Händen große Biergläser. Bei genauerem Hinsehen erkennen wir Gerlinde! Bist du es wirklich? Ja! Und das Bier ist dann auch echt lecker – und schnell alle. Einfach verdampft. Danke lieber Engel.                                                             

Die Herberge holt uns dann auf den Boden der Tatsachen zurück. Ich sage nur: kurz vor Zelt. Vielleicht ist es dem Bier zuzuschreiben, dass ich diese Behausung überhaupt bezogen habe. Unter dem Dach eines ehemaligen Schuppens. Zwar Einzelbetten aber alles klamm uns isselig. Der Teppichboden eine einzige Katastrophe. WCs und Duschen überall verteilt, fühle mich an einen Campingplatz erinnert! Allerdings bin ich dieses mal nicht mit meinen Zwergen ganz allein! Monika ist auch bei uns einquartiert und wir beschließen, als Schneeweißchen und Rosenrot den Ein-/Ausgang zu bewachen! Dieses Geling nur mäßig… die umtriebigen Jungs sind einfach unkontrollierbar! Aus lauter Frust trinken wir noch ein kleines Bierchen im „Freizeitbereich“ dieser Anlage, Lumumba kenn sie hier ja nicht. Am Pool, der leider abgedeckt ist, kommt mir die Idee wie man diesen Laden hier mal aufpeppen könnte. Es fallen mir diverse Aktivitäten zum Thema Animation ein! Aber lassen wir das an dieser Stelle! Das Abendessen wird auch zum Abenteuer. Die Wirtsfamilie (Vater, Mutter, zwei Töchter), sind willig, aber hoffnungslos überfordert. Letztendlich sind dann doch alle satt und geschmeckt hat es auch. Allerdings leiden wir jetzt unter Bindehautentzündung durch Küchendunst. Die Klamotten riechen wie die der Köchin. Nach weiterem Mut antrinken kommt dann die Mutprobe. Ich lege mich ins Bett! Jetzt gilt es: nicht bewegen, nicht bewegen, nicht…

Mittwoch, 26.20.16, Ledigos – Calzada de Coto

Ich habe überlebt! Und erstaunlich gut geschlafen! Meine Decke IM Schlafsack und mein Plüschi (Kuschelpulover) haben mich gut gewärmt. Leider geht es heute Heinz 2 nicht gut. Scheint auch Magen/Darm zu haben. Ich wünsche gute Besserung.

Morgens scheint schon die Sonne. Schön! Wir kommen an Erdhäusern vorbei. Sie scheinen als Vorratsspeicher genutzt zu werden. Mittagspause ist an einer Ermitage. Leider zu. In einem kleinen Städtchen ist Zeit für nen Kaffee und Einkäufe. Danach gibt’s wieder ein Brückenfoto. Günter wird umbenannt in Nepomuk… Schön, das hier, wie auch in Frankreich, so viele alte Brücken erhalten sind. Und dann passiert es: wir haben uns verlaufen! Endlich! Mir hat schon was gefehlt! Irgendwo haben wir einen gelben Pfeil übersehen und schwupps – sind wir vom Weg ab! Doch jetzt kommt die große Stunde von Günter und seinem GPS. Den Wiesenweg, das Wäldchen in schönsten Herbstfarben und das Stoppelfeld hätten wir sonst nie gesehen! Danke! Abends kommen wir in einer Herberge mit großen Schlafsaal an. Wir belegen fast alle Betten. Einige Einzelpilger sind auch noch da. Die müssen uns ertragen. Es gibt nur zwei Duschen und vier Toiletten. Ganz schön knapp, aber auch das geht. Wir treffen uns an der Kirche zum Gottesdienst. Unter Anderem machen wir uns gegenseitig eine Fußwaschung. Von der Idee her nicht schlecht. Aber die Umsetzung ist doof. Es gibt eine ziemliche Unruhe. Alle reden durcheinander, quieken weil das Wasser so kalt ist oder machen anderen Dummfug. Na, einen Versuch war´s wert. Mit den Handtüchern im Gepäck geht es in ein „Sportlerheim“ zum Essen. Klappt alles prima, es schmeckt lecker und ist sehr reichlich. Auf der überdachten Terrasse lassen wir den Abend ausklingen, pünktlich um 22 Uhr sind wir zurück. Es wird wieder abgeschlossen…

Donnerstag, 27.10.16, Calzada de Coto – Reliegos

Auf dem Weg zum Frühstück staunen wir über den tollen Sternenhimmel. Die Spanier haben mehr Sterne als wir! Auch der Mond steht in einer schmalen Sichel dort oben. Es ist kalt. Während wir loslaufen wird es hell. Ein sensationeller Sonnenaufgang wird uns geboten! Hat das Team gut organisiert! Bald beginnen die Sonnenstrahlen uns zu erwärmen. Nachmittags ist es fast ein bischen zu viel des Guten. Mittagsrast ist an einer Kirche mit steinernen Überbleibseln der Römerzeit. Tatsächlich kommt noch eine Frau, die uns die Kirche aufschließt! Unter der Decke im Chorraum hängen lauter kleine Engelsköpfe. Auf den ersten Blick sieht das aus wie in der Kletterhalle. So die Griffe und so. Ist aber nicht. Der Nachmittag zieht sich. Meine Füße sind platt. Durchhalten. Kein Schatten. Nur Sonne. Gummitiere werden verteilt, das mobilisiert noch mal ein paar Kräfte. Hoffentlich. Die Berge von León kommen langsam näher. Da müssen wir nächstes Jahr drüber. Wir sind froh, in der Herberge angekommen zu sein. Leider werden wir heute auf zwei verschiedene verteilt. Bei der Zimmerverteilung wir es etwas turbulent. Endlich setze ich mich auch mal durch obwohl ich trotzdem wieder ein schlechtes Gewissen habe. Blöd! Daran muss ich arbeiten. Beim Abendessen versaue ich „meinen“ Jungs den Nachschlag. Missverständnis! Egal, sind trotzdem satt geworden. Einen Absacker gibt es noch draußen im Straßencafe. Ganz schön frisch. In unserem Achterzimmer haben wir noch viel Spaß und lächelnd schlafen wir ein. Nur noch ein Tag…

Freitag, 28.10.16, Reliegos – León

Die Anderen kommen zu uns, Morgengruß, Abmarsch. Das letzte mal dieses Jahr. León wartet. Es geht an der Straße entlang, mal wieder. Es ist eintönig, habe keine Lust zu reden. Mittagspause ist an einer langen Autobrücke, wie ein Viadukt. Wir essen alles auf was der Rucksack noch hergibt. Lothar letzte Dose muss dran glauben. Alles alle. Die meisten Anderen haben noch etwas in ihren Schatzkisten. Nehmen sie wieder mit. Das Zeug ist jedenfalls weit gereist, schlechte CO2 Bilanz… Noch einmal schnell in die Büsche und dann kann es weiter gehen. Leider erwische ich einen Klettenbusch. Aaaah! So ein Sch…! Das sticht überall. Ich werde das gepikse einfach nicht los! Dann geht es in einer ziemlichen Hitze weiter. Wieder fängt die Stadt mit einem Gewerbegebiet an. Hier ist es hügelig. Immer wenn ich oben bin, denke ich, man kann schon León sehen. Ist aber nicht so! Die Stadt versteckt sich vor uns. Das scheint endlos. Siglinde braucht ein Taxi und Elvira begleitet sie. Der Rest schleppt sich weiter. Die Kletten piksen immer noch. Endlich Häuserschluchten. Arnim kommt uns entgegen. Jetzt kann es nicht mehr weit sein. Auf einem kleinen Platz kommt das Kommando: Angekommen, bitte jetzt freuen! Natürlich freuen wir uns sofort und ohne Wiederstand! Wir nehmen uns in die Arme, begreifen kann man das alles jedoch noch nicht so richtig. Alle sind froh. Bis Heinz mit dem Gepäck kommt, gibt es Kaffee oder Bier oder beides. Dann im Hotelzimmer frisch machen und das Gepäck wieder ins Auto bringen. Wie gewohnt residieren wie wieder in 4. Stock. Darauf sind wir dieses Jahr irgendwie gebucht! Zum Feiern geht es in ein schönes Restaurant 10 min weiter. Die „Ehrungen“ werden vorgenommen und alle sind glücklich. Alle? Ich glaube, dass Andrés auch ein weinendes Auge hat. Uns hat er dieses Jahr bestens versorgt und für uns geplant! Nächstes ist er wohl nicht mehr dabei. Sehr, sehr schade! Er wird uns allen fehlen. Aber ihm ist die Entscheidung sicherlich nicht leicht gefallen und wir wünschen ihm und seiner Familie alles Gute!!!

Samstag, 29.10.16, León – Baunatal

Frühstück. Wir freuen uns auf Käse, Aufschnitt, Fleischsalat etc.  Zähneputzen – Zahnbürste entsorgen, es geht nach Hause. Kein Gepäck. Sogar unser Haustürschlüssel ist versehentlich mit Heinz gefahren. Nicht daran gedacht. Egal. Der Bus steht schon bereit. Wir fahre die erste Stunde an unserer Pilgerstrecke entlang. Einige Pilger sind schon unterwegs. Gestern waren wir auch dort. Gestern noch ein Feuerzeug verschenkt. Wir brauchen es jetzt nicht mehr und zu Hause haben wir so viele. Kurze Pinkelpause an einer Tankstelle, auch hier sind wir vorbei gekommen. In diesem Ort waren die Schwestern und die Römerstraße fing an. Alles schon so weit weg. Wie Ewigkeiten. Weitere  3,5 Stunden Fahrt. Den Flughafen in Bilbao kennen wir jetzt schon ganz gut. Der Flug vergeht wie im Flug! Dann folgen hektische Abschiedsszenen. Leute, die man gar nicht mehr erwischt. Ich wünsche allen ein gutes Heimkommen! Wir bekommen super Anschluss, Andrés steigt in Marburg aus. Wir sehen uns im März! Es ist mittlerweile dunkel draußen. Jonas holt uns mit dem Auto vom Willi-Bahnhof ab. Fahrt zur Gethsemane Kirche. Ist Heinz schon da? JA!!! Toll das das wieder so gut geklappt und alle wieder gesund angekommen sind! Wir helfen beim Abladen. Dann noch eine Pizza mitnehmen. Ich höre eine telefonische Bestellung mit: für Törner, Opfertrisch. Witzig! Also ist Günter auch schon da. Die Pizza ist köstlich. Lothar fährt jetztnach Hause. Pilgern ist vorbei. Wie geht es mir nächstes Jahr wenn ich Tagebuch schreibe? Ich weis es nicht. Jetzt sind wir erstmal wieder da. Und am Sonntag im Pilgergottesdienst sehen wir einige Leute wieder! Ich freue mich!                                                                                                                                                                           Lothar ist auch wieder gut gelandet! Ich hoffe, alle Anderen auch! Bis denne!!!